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Einrädriges Velociped (Monocycle)

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Während sich bisher in der Entwicklung des Velocipeds zwei deutlich unterschiedene Richtungen verfolgen liessen, die eine vermöge der equilibristischen Leistung des zweirädigen Velocipeds (Bicycle) das Maximum der Geschwindigkeit erstrebend, die andere an dem Princip des leichter zu beherrschenden dreiräderigen Fahrzeugs (Tricycle) festhaltend, tritt jetzt als vollständig originelle Erscheinung auf diesem Gebiet der von Frederick Langmaak und Peter Strief in San Francisco (Californien) construirte, als Monocycle zu bezeichnende Apparat hinzu, der, den Boden nur mit einem berührend, in der Geschwindigkeit dem zweirädrigen Velociped gleichkommt, hinsichtlich der Stabilität, da der Schwerpunkt viel niedriger liegt, dasselbe übertreffen soll.

In Fig. 1 ist das neue Vehikel im Betrieb, in Fig. 2 der Mechanismus für sich dargestellt. Mit einem äussern Reif von 2,5 m. Durchmesser ist durch vierzig Speichen ein innerer Reif von nur 1,5 m. Durchmesser concentrisch verbunden. Innerhalb des mittlern freien Raumes befindet sich das eigentliche Velociped, welches mittelst des unter dem Sitz angebrachten Rades und der beiden an jeder Seite in Kopfhöhe des Fahrenden angeordneten Führungsrollen in der auf dem Umfang des innern Reifs hinlaufenden Nuth gleitet. Wie bei einem gewöhnlichen Velociped wird hier das eine Rad durch die mit der Achse verbundenen Treibstangen und Kurbeln mittelst Trittbewegung in Betrieb gesetzt. Sobald dasselbe in der durch den Pfeil (Fig. 2) bezeichneten Richtung umgedreht wird, schiebt sich das Fahrzeug auf der untern Folge des radförmigen Reifs aufwärts und versetzt somit diesen in der bezeichneten Richtung in rollende Bewegung. Der Apparat beruht demnach auf dem höchst einfachen Princip des Tretrades.

So lange der allgemeine Schwerpunkt unter dem Mittelpunkt des Ganzen liegt, steht das Monocycle still. Beginnt jedoch die auf dem Sitz befindliche Person durch Treten die verticalen Hebel hin und her zu bewegen, so wird dadurch der Schwerpunkt nach vorn verlegt, und das Monocycle muss dieser Richtung folgen. Um dasselbe zu lenken, hat sich der Fahrende blos etwas nach rechts oder links zu neigen, wodurch der Schwerpunkt nach der betreffenden Seite verlegt wird und das Fahrzeug eine dem Grad der Neigung entsprechende Curve beschreibt. Wenngleich das neue Vehikel in Folge des bedeutenden Durchmessers des äussern Rads nicht geeignet erscheint, als Verkehrsmittel praktische Dienste zu leisten, so bietet dasselbe doch den Freunden des Sports eine interessante Uebung und ist als anziehendes Schauspiel namentlich für die, welche mit den Gesetzen der Mechanik wenig vertraut sind, wohl auch einer industriellen Verwerthung fähig.

 

Zeitgenössischer Bericht aus der Zeitschrift "Das Velociped" 1. Januar 1882.





Das "Scuri" Einrad (Monocycle)


In zeitgenössischer Literatur ist oft die Rede von einem Monocycle oder einrädrigen Velociped. Hier ist jedoch
meist das Einrad nach dem Erfinder Alexander Giovanni Battista Scuri gemeint. Es war eine besonndere Kunst auf
einen solchen Einrad zu fahren. Es gab bei verschiedenen Veranstalltungen immer wieder Vorführungen auf einer
solchen Maschine. Dieses Monocycle nach Scuri wurde in Deutschland von der Firma Paul Focke in Leipzig in kleiner Auflage hergestellt. Ein oroginal erhaltenes Einrad nach
Scuri von der Firma Paul Focke befindet sich im Bestand
des Technischen Museums in Wien.

M. Beer.


 





Quelle:
Originaltext aus: "Das Velociped" No.6. vom 1. Januar 1882. I. Jahrgang.
Allgemeine Sport-Zeitung 1882.

Bildnachweis:
Das Velociped No.6. vom 1. Januar 1882. I. Jahrgang
.
Das Velociped No. 7 vom 1. Februar 1882. I. Jahrgang.
Der Radfahrer 1887 .