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XI. Bundestag des
Deutschen Radfahrer-Bundes

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Das Radfahrerfest in Hannover.
I. Vorbereitungen.


Der XI: Bundestag des "Deutschen Radfahrer-Bundes" beginnt offiziell erst eigentlich heute, Freitag Abend, mit dem Fest- und Empfangskommers in den Sälen des "Odeons", aber er warf seine Schatten schon auf die ersten Tage dieser Woche. Die armen geschäftsführenden Ausschüsse, welche die umfangreichen Vorarbeiten leiteten, können ein Lied singen von den anstrengenden Vorbereitungen und werden aufathmen, wenn der Bundestag beginnt. Aber auch das Publikum, das mit einem ganz außergewöhnlichen Interesse des Festes harrte, wird entzückt sein, wenn der Vorhang hochgeht und das bunte Bild deutschen Sportslebens sich entrollt. Allabendlich sah es die letzten Wochen die hiesigen Sportsman sich eifrig trainiren, auf den schattigen Wegen der Eilenriede bis spät in die Nacht und auf dem Sportplatze. Ja, die Preise in dem Prunkladen der "Württembergischen Metallwarenfabrik" an der Georgstraße stechen jedem Sportsman, und auch die Laien standen mit "Achs!" und "Ohs!" davor, ebenso vor den Medaillen des Fahrers Aug. Lehr, die im Blumengeschäft "Rizza" funkelten. Den Eingang zur Luisenstraße schmückte schon am Donnerstag Abend ein prunkhaftes Portal, "Willkommen!" den Gästen zurufend, und Ernst Mayer hatte seine "Münchener Bierhalle" würdig dekorirt. In der "Hundigshütte" saß das arme Komitee und rechnete und stellte Festbücher aus und notirte die Gäste und verkaufte die wunderschön von dem Verleger des "Stahlrad" in Leipzig ausgestattete Festschrift, in der Ernst und Scherz von hiesigen und auswärtigen Sportsleuten und Fach- und Gelegenheitsschriftstellern mit glänzenden Illustrationen wechseln. Im Laufe des Donnerstages waren 9. Distanzfahrer angelangt, einer sogar von Krakau, vielen von ihnen kamen hiesige Sportskollegen entgegen und führten die staubbedeckten, aber frischen Distanzfaher in das Empfangsbureau der "Münchener Bierhalle", vor deren Portal eine Anzahl von Fäßchen Löwenbräu den Sportsleuten vergebens winkten, die "im Training" für die Rennen sich befanden. Angelangt war auch der Bundesvorsitzende Rechtsanwalt Rudolf Vogel - Königsberg nebst Gemahlin, vom Empfangsausschuß mit Blumenspenden für die Dame vom Bahnhof abgeholt, Otto Weber -Mönchen-Gladbach, ferner der Vorsitzende des Ehrenschiedsgerichts des Bundes Sprickmann-Kerkeling -Köln, der Bundesfahrwart Paul Noack -Breslau, O.L. Steiner -Magdeburg, Redakteur des "Deutschen Radfahrerbundes", und noch viele hiesige und fremde Fahrer uns Sportsleuten trafen sich in dem schönen Garten des Empfangslokales: über 300 Fremde trafen bereits am Donnerstag ein, an 900 Festbücher waren verkauft. An demselben Tage hielt der Sportausschuß auch eine Sitzung ab und unterzog die Wettfahrbestimmungen eingehenden Besprechungen, und heute, am Freitag Morgen, finden die Vorbesprechungen des Bundesvorstandes, die Delegirtenversammlungen betreffend, in Röpkes Königshalle" statt. Heute Nachmittag 5 Uhr ist großes Gartenkonzert im "Odeon", wozu Vorzeigung des Festbuches berechtigt, und heute Abend in den Sälen desselben Lokales der Festkommers. Bis heute, Freitag Mittag, sind schon über 700 Radfahrer angelangt und über 1000 Festbücher verkauft. 22 von 275 angemeldeten Preisfahrern sind mittelst Rad angelangt; der Hauptstrom kommt heute Nachmittag zwischen 6 und 8 Uhr, während die Vereinsfahrer wohl erst Sonntag kommen werden. Durch Distanzfahrer sind jetzt Berlin, Stendal, Kiel, Seehausen, Brunstedt, Hamburg, Pirmasens, Krakau, Blankenhain und Düsseldorf vertreten. Zu bemerken ist noch, daß zum Korso über 75 Droschken angemeldt sind, die demselben folgen werden.- Corsofahrt am Sonntag, Morgens 10 Uhr. Aufstellung auf dem Waterlooplatze, Abfahrt 11 Uhr. Der Zug bewegt sich durch folgende Straßen: Archiv-, Calenberger-, Humboldt-, Goethe-, Münz-, Nicolai-, Artilleriestraße, Am Bahnhof, Joachim-, Theater-, Verl. Sophien-, Georgstraße, Aegidienthor, Georgsplatz, Theaterplatz, Theater-, Lavesstraße, Schiffergraben zum Zoologischen Garten, woselbst die Festtheilnehmer das Essen einnehmen. Wir richten nochmals an die verehrl. Anwohner dieser Straßen die Bitte, die Häuser-Facaden mit Flaggenschmuck zu versehen. Ebenso möchten wir die Zuschauer bitten, das Spalier nicht über die Trottoire hinaus auszudehnen, da sonst die Fahrstraße für die fahrenden Vereine zu sehr beengt wird. Die Billete für die Rennen sind schon ziemlich vergriffen, wer noch einen einigermaßen guten Platz haben will, thut gut, sich mit Billet zu versehen. Von den Einzeldauerfahrern trafen gestern 1 Herr aus Krakau, 6 Herren aus Kiel und 3 aus Düsseldorf hier ein. Ebenso trifft der Altmeister Lehr heute ein, um auf der hiesigen Rennbahn zu trainiren. Schon heute haben die Hotels in der Nähe des Bahnhofs reich geflaggt. H.L.

Hannoverscher Anzeiger 04.08.1894, Seite 2


Das Radfahrerfest in Hannover.
Festkommers im "Odeon".

Ein freundliches buntes Portal mit Fahnen, Wimpeln und Guirlanden bildete auf der Nikolaistraße äußerliche Festzeichen. Um 5 Uhr begann am Freitag Nachmittag das Gartenkonzert in dem prächtigen Odeonsgarten, wo alte Bekanntschaften erneuert und neue geschlossen wurden. Die Kapelle des 1.Hannov. Infantrerie-Regiments Nr. 74, geleitet von ihrem Dirigenten Merkel, sorgte mit sorgfältigen Stücken für den Ohrenschmaus.
Abends 8 1/2 Uhr begann der Kommers in beiden unteren Sälen, die mit bunten Shawls, Wimpeln, Laubgewinden und Schildern würdig geschmückt waren. In der Nähe des Festkomitees hatte an langen Tafeln die "neue Liedertafel" Platz genommen. In der Mitte des Saales saßen Bundesvorstand und Festkomitee. Beide Säle waren dicht gefüllt und boten mit den frischen Gesichtern der Radfahrer, den bunten Mützchen, den farbigen Abzeichen ein buntes, fröhliches Bild. Die Kapelle der 74er eröffnete den Kommers mit einem Festmarsche, worauf eine Ouverture und ein Volksstück folgten. Im Namen der Hannoverschen Kameraden begrüßte dann Ernst Behre vom "Hannoverschen Bicycle-Klub" die Gäste und toastete auf ein frohes Gelingen des Festes, dem brausender Zuruf folgte. Dann klang das erste allgemeine Lied in den Saal.

"Willkommen euch, ihr Radlerbrüder !
Willkommen euch mit Herz und Hand !
Laßt uns feste treu und bieder
Knüpfen heut der Freundschaft Band.
Dank euch allen, hier erschienen,
Unser Bundesfest zu weihn;
Möge es vor allem dienen
Unserer Freundschaft zum Gedeihn."
Daß der Radfahrsport gesund ist, bewiesen die schallenden, lauten Stimmen der Sänger. Dann ging der Vorhang hoch und von der Bühne, rechts und links von je zwei Fanfarenbläsern in altdeutscher Tracht flankirt, sprach Herr L. Meyer folgenden von Herrn Frerking gedichteten Prolog mit markigem Organ und vielem Feuer:
"Verehrte Herren! Werthe Sportsgenossen !
Mit stolzer Freude hebt sich unser Herz.
Wenn wir die Schaaren derer überblicken,
Die jetzt zum Bundestag versammelt sind;
Die legen Zeugnis ab, daß unser Sport,
Obgleich der jüngste unter den Gefährten,
Zu hoher Blüte sich entwickelt hat.-
Und ist´s ein Wunder ? - Wer einmal gekostet
Die hohe Lust, auf leichtbeschwingtem Rade
Durch Flur und Feld und Wiesen hinzufliegen,
Wen einmal auf der Rennbahn sinnbethörend
Der Menge Jubelruf als Sieger grüßte -
Der läßt vom edlen Radsport nimmermehr. -
Und wem verdanken wir dies hohe Glück ?
Wer lehrte uns die Kunst, der Erde Weiten
So frohgemuth im Fluge zu durcheilen ?
Ein Mann, deß Name fast vergessen ist,
Obgleich kaum 40 Jahre hingegangen,
Seit ihn der stille grüne Hügel deckt.
Uns aber, seinen Jüngern, ziemt es heute,
Vor allen Anderen seiner zu gedenken.
Wir wollen nicht vergessen, daß von Drais
Der Ahnherr unseres Sports gewesen,
Und können wir ihn selbst gleich nicht mehr ehren,
Ihn, der das erste Fahrrad einst ersann,
Woraus die reichste Fülle schöner Gaben
Für Geist und Körper wurde unser Theil -
Sein Bildniß grüßt ein brausendes "All Heil !"
Fanfarenstöße, der zweite Vorhang ging hoch und in bengalischer Beleuchtung erschien ein lebendes Bild, im Hintergrunde die Kolossalbüste von Drais, umgeben von den Vertretern der Hannoverschen Vereine mit ihren Maschinen und Standarten, in Sportkostüm; brausendes "All Heil!" lohnte die herrliche, vom Hofschauspieler Bollmann arrangirte Gruppe. Nach kurzer Pause war striktes Silentium: die "Neue Liedertafel", geleitet vom Kapellmeister Bossenberger, ließ ihre sorgfältig einstudirten, voll tönenden Lieder erklingen. Applaus und da capos wechselten dann. Dem Bundesvorstande brachte Herr Behre dann ein "All Heil" und der Bundesvorsitzende, Rechtsanwalt Vogel, schildert die Entwicklung des Bundes, der jetzt über 20 000 Mitglieder in Deutschland und Oesterreich zählt, und brachte dem Bunde sein "All Heil." Als allgemeines Lied erscholl dann:
Wir halten fest und treu zusammen.
Tert und Musik von Georg Kunoth in Bremen.
"Laßt tönen laut den frohen Sang hinaus in alle Welt,
Verkündet es mit hellem Klang, was uns zusammenhält.
Wir wollen eines Geistes sein, geh`n treulich Hand in Hand,
:,: Es schlingt sich fest um uns`re Reih`n der Einheit
stakes Band. :,:
Es soll Begeist`rung uns entflammen, All Heil, Hurrah,-
All Heil, Hurrah !
halten fest und treu zusammen, All Heil, Hurrah,-
All Heil, Hurrah ! - All Heil !"
Hofschauspieler Bollmann "zollte dann dem Humor seinen gehörigen Tribut" in einem Vortrag, "aus den Dialekten aller Vaterländer zusammengedrechselt", "Dramatische Mixed-Pickles", die lachreizend wirkten. Mehrere Telegramme liefen ein, darunter von Graf Walderfee. Große Begeisterung erregte das Festlied zum 11. Bundestage von Georg Kunoth in Bremen: "Weckruf der Radfahrer", mit feiner wirklich sportsmäßigen Melodie, besonders in dem lustigen Refrain:
"Wir fahren froh dahin, wir fahren froh dahin,
Damit wir uns erhalten immer frisch den Sinn.
All Heil, All Heil, All Heil ! Hurrah !!"
Mit einem Riesenaufwand von Mimik und Stimme schilderte Hofschauspieler Schiewick dann eine grausige Liebesgeschichte und noch besser gefiel sein plattdeutscher Vortrag. Köstlich waren auch Edmund Hesses "Szenen von Standesamt" und Th. Reuter und A. Huchthausen waren brillant in der Militärhumoreste "Tölpel und Schneidig". Aber dann "Grand Pas de Bouquet" von "Signora" Bollini und Signor Wilhelmini, dies Gelächter, diese 2-Zentner-Ballerina ! Bravo, hurrah, heraus, da capo ! - Die Pause that dann noth, wir hatten zuviel gelacht.- In der Pause sah ich mir noch einmal genau die Büste von Drais an, die Herr Adolf Wagener vom Stahlradverein Hannover modellirt hat, ein prächtiges Stück Künstlerarbeit. Ein anziehendes Menschengewimmel, bunte Kostüme, kraftstrotzende Gesichter füllten in der Pause den Odeonsgarten. Doch bald begann der zweite Theil des Kommerses, eröffnet durch ein Banditenduett von Blume und Westermann, und eine echte Mellinimelodie leitete das Auftreten der "Distanzmaler" Paletto und Pinselini ein, die mit der Kohle und Kreide die ulkigsten Momentbilder "racten". Eine große Ritterkomödie ging darauf über die Bretter, die heute Abend die Welt des Humors bedeuteten, und wobei Vorhang, Koulissen und Dekorationen auch mitspielten. Der Souffleur spielte das Schicksal und das Gelächter nahm kein Ende, die Verwickelungen auf der Bühne auch nicht, sodaß der Regisseur auch auftreten mußte. Es war ein wahrer Kuddelmuddel von Ulk und Humor und der Schluß war: "Bollmann heraus!" Vorträge und Lieder schlossen den offiziellen Theil.
Heute Morgen 8 Uhr zogen die Mitglieder des Deutschen Radfahrerbundes in dichten Schaaren zum altenRathhause, wo die Uebergabe des Bundesbanners stattfand. Mehr als 100 Bannerträger hatten sich mit den Emblemen ihrer Vereine im Hintergrunde des Saales aufgestellt. Bald nachher erschien der Oberpräsident von Bennigsen und richtete namens der Staatsregierung freundliche Begrüßungsworte an die Versammlung. Der Oberpräsident erkannte rückhaltlos die große wirtschaftliche Bedeutung des Radfahrens an und wies darauf hiin, daß die Einführung desselben in die Armee als ein großer Erfolg für die Vertreter dieses Sports in Anspruch genommen werden dürfe. Stadtsyndikus Eyl bewillkommnete die Festversammlung namens des Magistrats, Vizeworthalter Basse namens des Bürgervorsteherkollegs. Der Bundespräsident Herr Rudolf Vogel- Königsberg dankte herzlich für die freundliche Begrüßung, verbreitete sich kurz über die ideale Bedeutung des Radfahrens forderte die Bundesmitglieder auf, stets an diesen idealen Bestrebungen festzuhalten, und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die gastlich Stadt Hannover. Es folgte nunmehr die Uebergabe des Bundesbanners durch Herrn Werner -Leipzig namens der vorjährigen Feststadt Leipzig an den Gaufahrwart des 17. Gaues (Hannover) Herrn Fesg -Braunschweig.
Um 9 Uhr begannen die Hauptverhandlungen im Königssaale des Tivoli. Die Betheiligung nicht nur der Delegirten, sondern auch die als Zuhörer anwesenden Bundesmitglieder war eine so große, daß momentan Befürchtungen entstanden, ob der zur Verfügung stehende Mann ausreichen werde. Doch im Laufe der Sitzung machte sich die Sache noch ganz gut. Der Vorsitzende des Festausschußes, Herr Töteberg Hannover begrüßte die Anwesenden nochmals von ganzem Herzen und übergab alsdann den Vorsitz dem Bundespräsidenten Herrn Rudolf Vogel -Königsberg, der zunächst die Präsensziffer feststellen ließ. Stimmberechtigt sind 128 Personen. Die Vertreter des Altonaer Bicycle-Clubs und des Münchener Radfahrer-Vereins sagen herzlichen Dank für die gelegentlich der 25 jährigen Jubelfeier ihrer Vereine denselben aus Bundeskreisen in so reichem Maße zugegangenen Glückwünsche.
Die von Herrn Meyer -Bremen abfällig kritisirten Vorkommnisse auf der Bremer Rennbahn am 22. Juni, bei welcher Gelegenheit es zu ernstlichen Differenzen gekommen ist, werden Gegenstand der Untersuchung des Sport-Ausschusses sein.
Der Vorsitzende legt dann den von ihm verfaßten Rechenschaftsbericht über die Thätigkeit des Bundes im Jahre 1893/94 vor und knüpft daran die Erklärung, daß er unter keinen Umständen in der Lage sei, das seit Jahren geführte Amt des Bundespräsidenten wieder zu übernehmen. Er habe treue Unterstützung gefunden bei allen Vorstandsmitgliedern und Mitgliedern des Bundes, er habe herzliche Freude empfunden über die rege Thätigkeit in allen Gauen. Sein Berufsgeschäft und sein körperlicher Zustand gestatteten es ihm aber nicht, die sehr zeitraubenden Geschäfte weiter zu führen. Wer dieses Amt in seiner ganzen idealen Bedeutung führen wolle, muß frei sein von allen Berufsgeschäften. (Lebhafter Beifall.) Der Bundeszahlmeister, Herr Pelates -Crefeld, berichtet über die Mitgliederbewegung. Der Bund zählt im Beginn des Geschäftsjahres 1893/94 17 632 Mitglieder, wuchs im Laufe des Jahres auf 19 796 und zählt bei Beginn des neuen Geschäftsjahres 20 044 Mitglieder. Redner ist der Ansicht, daß die Mitgliederzahl im Laufe des Jahres auf 22 300 wachsen wird. Eine Differenz zwischen den Berliner Rennvereinen und dem Bunde giebt zu längerer lebhafter Debatte Veranlassung. Das am 1. Juli veranstaltete Niederradsfahren um die Meisterschaft Europas wird, weil ohne Genehmigung des Bundes veranstaltet, nicht als gültig anerkannt. - Es folgen Berichte der Vorsitzenden der drei Abtheilungen des Bundes-Sport-Ausschusses über die Thätigkeit dieser Behörden. Daran knüpfen sich längere Besprechungen, welche aber für die Allgemeinheit nur sehr beschränktes Interesse haben. Nachdem dann der Vorsitzende des Zeitungsverwaltungs-Ausschusses Bericht erstattet hatte, nahm der bisherige Redakteur der Bundeszeitung, Herr Stein -Magdeburg, nach 7 jähriger Thätigkeit in seinem Amte herzlichen Abschied, und wird ihm als Anerkennung seiner verdienstvollen Thätigkeit lebhafter Beifall. Mit der Verlagsfirma der Zeitung ist auf Grund des Beschlusses der vorjährigen Versammlung eine neuer Vertrag abgeschlossen, der die Zeitung für den Bund noch einträglicher gestaltet. Laut Bericht des Vorsitzenden des Ehren- und Schiedsgerichts ist dasselbe 14 Mal in Thätigkeit getreten.

Hannoverscher Anzeiger 05.08.1894, Seite 2

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XI. Bundesfest des Deutschen Radfahrerbundes.
Fortsetzung der Haupt-Verhandlungen.


Geraume Zeit nahm die Berichterstattung der in Leipzig gewählten Revisionskommission über die Rechnungslegung des Jahres 1892/3 in Anspruch. Nach sehr animirter Debatte wurde dem Vorstand, der bis Ende 1893 die Geschäfte des Bundes geführt hat, Entlastung erteilt. Nur eine Mittagspause von reichlich einer Stunde nahmen die arbeitslustigen Delegirten für sich in Anspruch, dann ging es bald nach 3 Uhr wieder ins Geschäft, und es war nahezu 8 Uhr Abends geworden, als der Präsident die Sitzung für geschlossen erklärte. Und in dieser 5 stündigen Arbeitszeit waren nur zwei gegenstände der Tagesordnung erledigt; ein Beweis, mit welcher Gründlichkeit die Delegirten die für den Bund wichtigen Angelegenheiten bearbeiten. Aus dem Bericht der Revisionskommission über die Rechnung 1893/94 geht hervor, daß nach Antritt des neuen Bundeszahlmeisters, Herrn Pelates -Crefeld, eine in mancher Beziehung sparsamere Verwaltung Platz gegriffen hat. Die Kassenverhältnisse sind durchaus gute. Das disponible Bundesvermögen berägt rund 56 0000 Mk., der Reservefonds 15 000 Mk. Dem Bundeszahlmeister wurde unter dankbarer Anerkennung seiner Thätigkeit Entlastung ertheilt. Die Versammlung beschloß alsdann, daß die Reisegelder der Vorstandsmitglieder von jetzt ab auf Grund des wirklich verausgabten Fahrgeldes für ein Billet 2. Klasse und nicht mehr nach Kilometern berechnet werden sollen. Daneben erhalten die Vorstandsmitglieder, wie bisher, 15 Mark Diäten. Es folgt nunmehr die Verhandlung über einen der wichtigsten Gegenstände der Tagesordnung. Bisher ist auf den Rennbahnen der Vereine, die zum deutschen Radfahrerbunde gehören, der Grundsatz strikte innegehalten worden, daß nur Ehrenpreise den Siegern ausgezahlt werden. Der Sportausschuß hat nun geglaubt, den Wünschen einer größeren Zahl von Bundesmitgliedern Rechnung tragen zu müssen, die da meinen, wenn auf den Rennbahnen des Bundes nicht unter Umständen auch Geldpreise zu Ausgabe kämen, so würden die berühmtesten Fahrer den Rennbahnen des Bundes den Rücken kehren, zumal andere außerhalb des Bundes stehende Radfahrer-Vereinigungen die Geldpreise bei sich eingeführt haben. Der Sportausschuß beantragt daher, die "Herrenfahrer" in zwei Klassen aufzutheilen und der zweiten Klasse, die noch immer mit Abstand von den sog. "Berufsfahrern" betrachtet werden sollen, die Annahme von Geldpreisen insoweit zu gestatten, wie diese Geldpreise zur Bestreitung der sportlichen Unkosten, nicht aber zur Bestreitung des Lebensunterhaltes benutzt werden. Es entwickelt sich über diesen Antrag eine außerordentlich lebhafte, aber ebenso streng fachliche Debatte. Mit Begeisterung trat die Mehrzahl der Redner dafür ein, daß der Bund an seinen idealen Grundsätzen streng festhalten und den "verkappten Berufsfahrern" keine Konzession machen dürfe. Schließlich wurde ein Antrag des Frankfurter Bicycle-Klubs: "Das Amateur-Prinzip, wie es in den Bundessatzungen und in den Wettfahrbestimmungen des Deutschen Radfahrerbundes festgelegt ist, möge aufrecht erhalten werden" mit 89 gegen 38 Stimmen angenommen (stürmischer Beifall und Händeklatschen). Damit waren die Verhandlungen des ersten Tages beendet. Durch die lange Dauer derselben war es den Delegirten unmöglich, den sg. "Vorläufen" für die am folgenden Tage stattfindenden Wettfahrten auf der Rennbahn beizuwohnen. Diese Vorläufe hatten gewissermaßen die Bedeutung einer Musterung der Bewerber um die Siegespreise des folgenden Tages, denn immer nur die drei Ersten bei jedem einzelnen Vorlauf sollten beim Hauptrennen konkurriren dürfen. War es also, wie gesagt, den Delegirten nicht vergönnt, diesen "Vorläufen" beizuwohnen, so war ihnen doch volle Gelegenheit geboten, sich beim prächtigen abendlichen
Gartenfest im "Tivoli"
von den Strapazen des Tages zu erholen.- Die Genüsse eines derartigen Abends wissen unsere Leser ja zur Genüge zu schätzen und die Fremden äußerten sich entzückt über die Reize unseres "Tivoli". Das lebhafte Interesse, mit dem die Einwohner unserer Stadt dem großen Ereignisse des Sonntag-Vormittags, dem
Fest- und Preis-Korso
entgegen sahen, kann in den von einer kolosallen Menschenmenge belagerten Straßen, welche der Zug passiren sollte, zu lebendigem Ausdruck. Und in der That, etwas Imposanteres und zugleich Originelleres ist hier wohl selten in Form eines öffentlichen Umzuges geboten. Das Arrangement des Zuges war ganz vortrefflich, wenn derselbe in einigen Straßen, vor Allem in der Georgstraße, in seiner Wirkung beeinträchtigt wurde, so lag das in äußeren Umständen. Einmal machte der Himmel vorübergehend eine unfreundliche Miene, und dann wurde die wiederholte Karambolage der Straßenbahnwagen mit dem Festzuge allgemein höchst abfällig kritisirt. Bei einer ähnlichen Gelegenheit wird hoffentlich in Zukunft der Verkehr der Straßenbahnwagen, während eines öffentlichen Umzuges auf den von dieser berührten Straßen sistirt. Wir glauben nicht fehl zu greifen, wenn wir die Zahl der Theilnehmer am Festzuge auf mindestens 4000 angeben. Sechs Musikkorps, auf großen Leiterwagen untergebracht und passend im Zuge vertheilt, schmetterten tapfer darein. Ganz famos machte sich namentlich das den Zug eröffnende Trompeterkorps unseres Trainbataillons in altdeutscher Tracht. Die einzelnenVereine waren nach Gauverbänden rangirt und imponirten durch ihre durchweg kleidsamen Trachten. Glanzpunkte des Zuges bildeten die Festwagen des Hannoverschen Bicycle-Klubs (römischer Triumphwagen), des Hannov. Radfaher-Klubs Germania mit der improvisirten mater patrise im Hintergrunde und vor Alllem der höchst originelle Festwagen des Hannov. Stahlrad-Vereins von 1889, auf welchem eine idyllische Radfaherschenke "Im Krug zum grünen Kranze"erbaut war, in welcher der biedere Herbergsvater (Herr H.) und Frl. Tochter (Herr Sch.) mit Bravour ihres Amtes, die Durstigen zu tränken, walteten. Das Anfangs noch etwas schüchterne Frl. Tochter war im Laufe der Zeit resolut geworden, daß sie im Kußhandwerfen eine bewundernswürdige Fixigkeit sich angeeignet hatte. Brillant machte sich auch die Chinesengruppe, eine Veranstltung eines hiesigen mir im Augenblicke nicht bekannten Vereins. Von auswärtigen Vereinen fielen namentlich die Berliner in ihnen höchst kleidsamen weißen Uniformen mit schwarz-weißer Schulterschleife auf. Stark applaudirt wurde ein weibliches Trifolium, welches auf einem dreisitzigem Vierrad in der Kleidung des Berliner Gaues diesem voranfuhr. Noch reizender aber machten sich die folgenden Brandenburger Damen, welche das Vereinsbanner flankirten und sich als schneidige Fahrerinnen dokumentirten. Der Zug fand sein Ende im Zoologischen Garten. Hier fand eine photographische Aufnahme der sämmtlichen Bannerträger statt, und dann ließ man sich, allen offiziellen Zwangs entkleidet, zum schmackhaften Mittagessen nieder. Nachdem dann die Banner zur Erinnerung an den XI. Bundestag in Hannover mit Schleifen dekorirt waren, war es Zeit geworden, zur Rennbahn aufzubrechen, wohin sich inzwischen fast die halbe Stadt auf die Wanderschaft begeben hatte.
Vorläufe zu den Wettfahren.
Der sportliche Theil des Festes wurde am Sonnabend Nachmittag durch die Vorläufe zu den Wettfahren eingeleitet, die infolge der überaus großen Zahl der Anmeldungen nothwendig waren. Die Fahren waren vom Wetter nicht sehr begünstigt; theilweise regnete es sogar stark und dieses scheint auch an dem geringen Besuch des Publikums schuld zu sein, denn der Besuch stand nicht im Verhältniß zu der Anzahl der verkauften Festbücher und Billets.
Das erste Rennen war das Niederradfahren
über 2000 Meter, offen für Bundesmitglieder, die zu den diesjährigen Meisterschaften von Deutschland nicht gemeldet haben. Das Rennen war in zwei Läufe getheilt, von denen im ersten Laufe Clemens Wilke -Hamburg in
3 Min. 56 2/5 Sek. Erster, Max Striesche -Berlin in 3 Min. 57 Sek. Zweiter, und A. Kinzel -Berlin in 3 Min. 57 1/5 Sek. Dritter wurde. Der zweite Lauf brachte H. Schildberger -München in 3 Min. 58 1/5 Sek. als Ersten Gustav Seiler -Sagan in 3 Min. 58 2/5 Sek.als Zweiten, und Fr.Classen -Marten in 3 Min. 58 3/5 Sek. als Dritten ans Ziel.
2. Großes Niederradfahren um den Preis der Stadt Hannover.
Strecke 3000 Meter. Dieses Fahren mußte sogar in 3 Läufe getheilt werden. Im ersten Laufe siegte Aug. Lehr -Frankfurt in 6 Min. 27 1/5 Sek., Zweiter wurde Göß -Frankfurt in 6 Min. 27 3/5 Sek., Dritter H. Schildberger -München in 6 Min. 27 3/5 Sek. Zweiter Lauf : Clemens Wilke in 6 Min. 5 2/5 Sek. Erster Rudolf Roderwald -Magdeburg 6. Min. 5 3/5 Sek. Zweiter O. Rosenstengel -Hannover in 6 Min. 5 4/5 Sek. Dritter. Dritter Lauf Hans Hofmann -München Erster in 6 Min. 32 1/5 Sek., Aug. Underborg -Hamburg Zweiter in 6 Min. 33 2/3 Sek., Paul Brodtmann, Hannoverscher Bicycle-Klub, Dritter in 6 Min. 33 3/5 Sek.
Dann folgte das Hochradfahren.
Offen für Bundesmitglieder , welche zu den diesjährigen Meisterschaften von Deutschland nicht gemeldet haben. Strecke 2000 Meter. 2 Läufe. Erster Lauf: A. Petitjean, Wiesbaden Erster in 4 Min. 7 3/5 Sek., Max Striesche, Berlin Zweiter in 4 Min. 8 2/5 Sek., E. Schlätz, Leipzig Dritter in 4 Min. 8 3/5 Sek. Zweiter Lauf: Heinrich Roth, München Erster in 4 Min. 15 3/5 Sek. Emil Gaestel, Hannover Zweiter in 4 Min. 15 3/5 Sek. Hermann Heine , Hann. Zweirad-Klub dritter in 4 Min. 16 2/5 Sek.
Das Doppelsitz-Zweiradfahren,
Strecke 2000 Meter, war das interessanteste des Tages.
Zwei Läufe. Erster Lauf: Georg Göß mit Rosenstengel Erste in 2 Min. 54 1/5 Sek., Stumpf mit Ludolphi Zweite in 2 Min. 54 3/5 Sek., Riedl mit Brodtmann dritte in 2 Min. 54 4/5 Sek. Zweiter Lauf: August Lehr mit Hofmann Erste in 3. Min. 24 Sek., Riemann mit v. Voigt Zweite in 3 Min 24 2/5 Sek.
Niederrad-Ermunterungsfahren,
Strecke 1000 Meter. Zwei Läufe. Erster Lauf: E. Albrecht -Berlin Erster in 1 Min. 33 Sek., Harold Wilson -Köln Zweiter in 1 Min. 33 1/5 Sek., Josef Rosemeyer -Lingen Dritter in 1 Min. 33 3/5 Sekunden. Zweiter Lauf: Alex Hennings -Hamburg Erster in 1 Min. 44 3/4 Sek., Jul. Tischbauer -Breslau dritter in 1 Min. 47 Sek.
Wettfahren am Sonntag 5. August.
Ungemein interessant waren die Wefahren an diesem Tage, vom Wetter begünstigt, seitens des Publikums so zahlreich besucht waren, daß trotz der dann extra gebauten 3 neuen Tribünen mit 3000 Plätzen kein Apfel zur Erde fallen konnte und viele umkehren mußten, da die Billets ausverkauft waren. Die Zahl der Zuschauer wird auf mehr als 15 000 geschätzt. Die Rennen, die erfreulicherweise ohne jeden Unfall verliefen nahmen folgenden Verlauf.
Niederradfahren. Entscheidungslauf. 2000 Meter
1. H. Schildberger, München, in 3 Min. 23 2/5 Sek. 2.Clemens Wilke, Hamburg, in 3 Min. 23 3/5 Sek. 3. Gustav Seiler, Sagan, in 3 Min. 23 4/5 Sek.
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiet des D.R.B. über 10 000 Meter auf dem Hochrade.
Verteidiger: O. Beyschlag vom Wiener B.-C. Beyschlag war leider nicht erschienen. Das Rennen wurde von Paul Praesent, Hamburg, in 19 Min 32 2/5 Sek. gewonnen. 2. wurde Emil Schultz, Bochum; 3. Hans Ludolphi, Hamburg, jeder mit 1/5 Sek. Abstand.
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiete des D.R-B. auf dem Niederrade über 1000 Meter.
Verteidiger: August Lehr vom Frankfurter Bicycle-Club. Zwei Läufe. Erster Lauf: Rud. Roderwald, Magdeburg, 1. in 1 Min 55 Sek., Carl Riedl, Wien, 2. in 1 Min. 55 1/3 Sek., Carl Stichling, Leipzig 3. in 1 Min. 56 2/5 Sek. Zweiter Lauf: 1. Aug. Lehr in 1 Min. 40 Sek., 2. Hans Hofmann in 1 Min. 40 1/5 Sek., 3. O. Rosenstengel in 1 Min. 40 2/5 Sek. Entscheidungslauf: Aug. Lehr 1. in 1. Min. 40 Sek., Hans Hofmann 2. in 1 Min. 40 1/5 Sek., Rud. Roderwald 3. in 1 Min. 40 2/5 Sek.
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiet des D.R.B. auf des Dreirad über 5000 Meter.
Verteidiger: Herr M. Tischbein, Hannoverscher B.-C. von 81. Herr Tischbein war nicht am Start. 1. und damit Meisterschaftsfahrer wurde Paul Brodtmann in 9 Min. 26 2/5 Sek., 2. Otto Stupf in 9 Min. 26 3/5 Sek., Aug. Underborg in 9 Min. 26 4/5 Sek. Franz Heine, der die Mehrzahl der Runden geführt hatte, ließ zuletzt nach, da ihn das Fahren auf dem Einrad im Korso zu sehr angegriffen hatte.
Hochradfahren mit Vorgabe. Strecke 2000 Meter.
Erster von Voigt, Hannov. Zw.-Kl. (30 Meter Vorgabe) in 3 Min. 20 4/5 Sek. Zweiter Ludolphi, Hamburg (20 Meter Vorgabe), in 3 Min. 21 1/3 Sek. Dritter K. Jatho, Radf.-Kl. Hannover (110 Meter Vorgabe), in 3 Min. 22 Sek.
Großes Niederradfahren um den Preis der Stadt Hannover. Srecke 3000 Meter.
Entscheidungslauf. Erster Aug. Lehr in 4 Min. 39 2/5 Sek. Zweiter Hofmann in 4 Min. 39 3/5 Sek. Dritter Riedl in 4 Min 39 4/5 Sek. Rosenstengel, der 4 Runden geführt hatte, erhielt dafür den Führungspreis.
Hochradfahren. Entscheidungslauf.
Erster Heinr. Roth, München, in 4 Min.7 1/5 Sek. Zweiter Emil Gaestel, Hannover, in 4 Min.7 2/6 Sek. Dritter A. Petitjean, Wiesbaden, in 4 Min. 7 3/5 Sek.
Doppelsitz-Zweiradfahren.
Entscheidungslauf. Auch jetzt war dieses Fahren, gerade wie dessen Vorläufe wie tags zuvor, das interessanteste des Tages. Das Ereigniß des Tages war der Sieg von Rosenstengel und Roderwald, die die Strecke von 2000 Meter in 2 Min. 39 Sek. zurücklegten, über Lehr und Hofmann, die 1/5 Sek. hinter ihnen über das Band gingen. Dritter wurden Stumpf und Ludolphi. Das Rennen wurde in schneidigstem Tempo gefahren und der Rekord um 4/5 Sek. gedrückt.
Kunstfahren.
Gleichwie bei den Rennen, waren auch zu den Kunst- und Reigenfahren eine so erhebliche Anzahl Nennungen eingelaufen, daß es geboten erschien, das Kunstfahren theilweise bereits am Sonnabend abend abzuhalten. Es war vom Fahrerausschuß beschlossen, an diesem Abend die Duettfahrer, deren sich 7 gemeldet hatten, ihre Uebungen zeigen zu lassen. Emil und Bernh. Sparborth vom Radfahrerverein "Wettin" in Colditz führten ihre Uebungen, die auf dem Hochrade erfogten, sehr exakt aus und ernteten reichen Beifall. Die Glanzleistung derselben war das Fahren des einen Herren auf der Maschine mit gehobenem Hinterrade, während sein Bruder auf seiner Schulter saß. Dieselbe Uebung geang auch besonders gut dem Paare Richard Schulz und Hugo Pratje vom Altonaer Radfahrer-Verein, die dabei noch die Hände loßlassen konnten, und damit nicht enden wollenden Applaus bekamen. Als drittes Paar traten Rudolf Balzer und Paul Sartorius-Cuxhafen auf, die gleichfalls, diese auf dem Niederrade, recht sicher und gewandt fuhren. Hat schon auf Touren und bei den Wettfahren das Niederrad das Hochrad fast verdrängt, so scheint sich auch der Kustfahrer dieser Maschinengattung mehr und mehr zu bedienen. Die Paare A. Daßler und E. Rabe-Altona, sowie Otto Zahn und Ferd. Ohl-Hanau führten auf Niederrädern gleichfalls recht hübsche Wendungen und Kunststücke aus, von denen besonders ersteren das Rückwärtsfahren ohne Gebrauch der Lenkstange gut gelang. Herr E. Rabe, der mit M.Winter-Altona auch noch auf dem Hochrade fahren wollte, wurde von den Preisrichtern nicht zugelassen, da nicht auf zwei Maschinengattungen gestartet werden durfte. Das Paar Arenhold und Heine konnte nicht in die Schranken treten, da ersterer durch Militärpflichten verhindert war. Als Sieger aus diesem Wettstreit scheinen Schulz Pratje hervorzugehen; das Resultat wird erst bekannt. Hochinteressant waren auch die Uebungen der Kunstfahrer, und zwar der Herren Jos. Sattler (Dortmunder R.-B. "Vorwärts"), Rich. Schulz (Altonaer R.-B. von 1890), Max Winter (Alonaer B.-C. von 1869/80), von denen Schulz, derselbe, der sich im Duettfahren hervorgethan, den Titel "Meisterfahrer von Deutschland im Kunstfahren führt." Die Uebungen sind in vorgeschriebene und selbstgewählte getheilt, von denen am Sonnabend erstere erledigt wurden. Von den 10 auf dem Programm befindlichen Uebung waren von den Preisrichtern folgende 5 ausgewählt: A. Bei laufender Maschine. 1)Von der linken Seite in den Seitsitz rechts springen - stehen bleiben - anfahren - beide Beine gleichzeitig über die Lenkstange zum Seitsitz links - stehen bleiben - anfahren - durch Rückschwung beider Beine Absprung nach der rechten Seite. 3) Beide Hände am Sattel, Sprung von hinten in den Reitsitz vorwärts - vom linken Pedale aus weiderholter Abschwung und damit verbunden sofortiger Aufschwung zum Reitsitz - linker Fuß auf dem Auftritt links, rechter Fuß auf dem Pedal links freihändig fahren - Absprung vom Auftritt aus durch Spreizen über die Lenkstange bei aufzufangender Maschine.5) Sprung von hinten zum freien Stand im Sattel, linker Fuß auf der Lenkstange, rechter Fuß im Sattel - nieder in den Reitsitz - beide Beine gleichzeitig auf die Lenkstange heben und stehen bleiben - Absprung über die Lenkstange hinweg ohne Berührung derselben mit dem Körper, bei aufzufangender Maschine. B. Bei stehender Maschine. 7) Vom linken Pedale aus Aufstieg vorwärts - stehen bleiben - Querstellen des Vorderrades und freier Stand in den Speichen - Stand auf dem Reifen - Absprung durch Spreizen nach vorne über die Lenkstange bei aufzufangender Maschine. 9) Von vorne Aufsteigen zum Stand vor der Lenkstange - Fahren in der Richtung des Vorderrades - stehen bleiben - Uebergang zum Reitsitz rückwärts - freihänding in der Richtung des Vorderrades eine Achte fahren - stehen bleiben - von der stillstehenden Maschine ohne Gebrauch der Hände das rechte Bein über den Rücken schwingen zum rückwärtigen Stand rechts neben der Maschine. Während Schulz sämmtliche Uebungen vorzüglich fuhr und auch Winter den Anforderungen entsprach, konnte Sattler nur wenige der allerdings außerordentlich schwierigen Evolutionen ausführen. Auch hier erfolgt die Bekanntmachung des Resultats erst später. Das Ausfahren der selbstgewählten Uebungen sowie die Quadrillefahren, die 17 Vereine in Konkurrenz führen werden, fanden Sonntag Abend statt. Bei der ganz entsetzlichen Ueberfüllung des Konzerthauses war es selbst der Presse nicht möglich, trotz eines reservirten Sitzes Platz zu erhalten, daher konnte das Resultat noch nicht festgestellt werden.
Die Hauptverhandlungen
sollten heute früh 8 Uhr im Königssaale des "Tivoli" fortgesetzt werden, die Nachwehen einer fidel verlebten Nacht übten aber ihre Rückwirkungen auf die Mehrzahl der Delegirten aus und so zeigte die Uhr auf 1/2 10 als der Präsident, Rechtsanwalt R. Vogel-Königsberg, die Sitzung eröffnete und feststellen ließ, daß die Delegirten bis auf wenige am Platz waren. Der Vorsitzende ließ dann keinen Zweifel darüber, daß, wenn die Tagesordnung erschöpft werden und mit der Gründlichkeit wie bisher verhandelt werden sollte, dann mindestens noch 3 volle Tage nothwendig sein würden. (Zustimmung.) Es kann sich also nur darum handeln, eine Stunde zu bestimmen, wann die Verhandlungen geschlossen werden sollten, um den Delegirten Gelegenheit zu geben, vor dem Besuche der Rennbahn noch das Mittagessen einnehmen zu können. Es wurde darauf beschlossen, die Verhandlung Nachmittags 2 Uhr zu schließen und bis dahin nur die allernöthigsten Gegenstände der Tagesordnung zu erledigen. Da in der Privatunterhaltung lebhafte Klagen darüber laut geworden waren, daß bei dem gestrigen Kunstfahren im "Konzertsaale" viele Bundesmitglieder, die im Besitze einer Freikarte waren, wegen Ueberfüllung keinen Platz gefunden haben, so wurde seitens des hiesigen Festausschusses eine Erklärung abgegeben. Diese Erklärung ging dahin, daß der Festausschuß einen so gewaltigen Andrang nicht habe erwarten können, und deshalb den Vorverkauf der Einzelkarten nicht so rechtzeitig geschlossen habe, wie es wohl zweckmäßig gewesen sei. Im vorigen Jahre in Leipzig seien 1200 Festbücher, hier weit über 2000 Festbücher verkauft. Der Festausschuß bitte die Herren, die keinen Eintritt erhalten haben, herzlich um Entschuldigung. Von einem Redner aus der Versammlung wurde dem Festausschuß der Vorwurf gemacht, das sein Verhalten in Bezug auf den Vorverkauf der Einzelkarten zum Saalfahren wenn nicht an Betrug, so doch an "groben Unfug" grenze. Der Bundespräsident nahm den Festausschuß kräftig in Schutz, so daß der Vorredner seinen Vorwurf zurücknahm. Beschlossen wurde, daß bei ähnlichen Gelegenheiten nummerirte Plätze ausgegeben werden sollen. Auf eine Interpellation, ob Bestrebungen im Gange seien, eine Verschmelzung mit der "Radfahrer-Vereinigung Union" herbeizuführen, gab der Vorsitzende die Erklärung ab, daß der Vorstand sich heute mit dieser vorläufig nicht offiziell an ihn herangetragenen Frage beschäftigt habe und vorläufig nur sagen könne, daß er sich im Ganzen sympathisch zu einer Verschmelzung stellen werde, alles Andere sei abzuwarten.(Zustimmung.) Es wurde dann eine Reihe von Telegrammen verlesen, darunter auch eine Einladung der "Union", ihren bevorstehenden Kongreß in Regensburg am 12. August und folgende Tage durch ein Mitglied des Bundes beschicken zu wollen. Ein Vorstandsmitglied wird die Vertretung übernehmen. - Die Versammlung acceptirt dann ohne Debatte den Antrag des Vorstandes, den hochverdienten langjährigen Mitgliedern der früheren Magdeburger Bundesverwaltungsstelle, den Herren Carl Biermann und Otto Koch, für langjährige, dem Bunde treu geleistete Dienste eine Ehrenurkunde zu verleihn. Die Versammlung ging zur Berathung des Etatsentwurf pro 1. Januar 1895/96. Einnahmen und Ausgaben sind auf 87 000 Mk. veranschlagt. Im Zusammenhange damit wird ein Antrag des Gaues 17 (Hannover) zur Verhandlung gestellt, zu beschließen, eine Vereinfachung der jetzigen Bundesverwaltung herbeizuführen und zwar durch Selbstständigmachung der Gaue. Der Vorsitzende bemerkt, daß dieser sg. Antrag thatsächlich kein Antrag, sondern höchstens eine Anregung und daher in dieser Form nicht diskutabel sei. Herr Behre -Hannover stellt in Aussicht, daß der 17. Gau im nächsten Jahre einen speziellen formulierten Antrag einbringen werde.


Hannoverscher Anzeiger 07.08.1894, Seite 1


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XI. Bundestag des Deutschen Radfahrer-Bundes.

Bei der Etatsberatung wurden die Einnahmepositionen ohne erhebliche Gegenäußerungen angenommen. Eine längere Besprechung veranlaßte der Antrag, der Position "Salaire für Sekretaire, Hülfsarbeiter" (6000 Mk.) über die eingestellte Summe hinaus auf 11 000 Mk. zu erhöhen, und zwar 6000 Mk. für die Amtsstelle des Bundesvorsitzenden, 5000 Mk. für diejenige des Bundeszahlmeisters zu bewilligen. Nachdem der Vorsitzende eine Uebersicht über den bedeutenden Umfang der Geschäftsführung gegeben und dringend gebeten hat, alle persönlichen Verhältnisse unberücksichtigt lassen zu wollen, wird der Antrag einstimmig angenommen. Einzelne Ausgabepositionen werden dagegen reduzirt, resp. gestrichen. So wird z.B. die für Anschaffung eines Bundesliederbuches eigestellte Summe von 3300 Mark mit der Motivierung gestrichen, daß die Sache zum mindesten noch nicht so weit vorbereitet sei, um noch in diesem Jahre zur Ausführung zu kommen. Zur Position Vergütung der Reisekosten der Bundesdelegirten zum Bundestage, 8000 Mk., liegt ein Antrag des Berliner Gaues vor, die Reisevergütung für die Delegirten zum Bundestage in Zukunft in Wegfall kommen zu lassen. Der Antrag wird mit erdrückender Mehrheit abgelehnt. Der Titel "für Amtirung des Sportausschusses" ruft eine längere Besprechung hervor, da große Neigung vorhanden ist, die Prämiirung sportlicher Leistungen von Amtswegen zu erhöhen. Für Prämiirung von Meisterschaften, Records hervorragender Leistungen im Radfahren werden 5000 Mk., für sonstige sportliche Zwecke in Sache des Kunst- und Tourenfahrens 3000 Mk. eingestellt. Delegirter Baumeister Müller -Magdeburg beantragt, für Prämiirung des Preiskorsos extra 1000 Mk. zu bewilligen. Delegirter Stein -Magdeburg ist der Ansicht, daß es Sache des den Bundestag veranstalteten Gaus sei, diese 1000 Mk. zu zahlen. Wenn z.B. wie jetzt der Gau Hannover einen Ueberschuß von 15- bis 20 000 Mark aus dem Bundestage ziehen werde, so verstehe es sich ganz von selbst, daß der Gau die Kosten für die Prämiirung sportlicher Leistungen trage. Zunächst wird der Antrag Müller angenommen. Ferner gelangt ein inzwischen eingebrachter Antrag zur Annahme, daß der den Bundestag veranstaltende Gau die Kosten für Prämiirung sportlicher Leistungen dem Bunde zurückerstatten soll, wenn der erzielte Ueberschuß solches gestattet. (Lebhafte Zwischenrufe: Daß ist der verhängnißvollste Beschluß, der von der Bundesversammlung gefaßt ist.) Der Vorsitzende ermahnt zur Ruhe und erklärt, er werde sonst sein Amt sofort niederlegen. Der Etat "Prämiirung für sportliche Leistungen" stellt sich nach Beschluß der Versammlung reichlich 3 Mal so hoch, wie im Jahre 1893 für diesen Zweck ausgegeben sind. Die Ausgabe hierfür betrug in 1893 3378,75 Mark. Zur Position "Unterstützung von Gauverbänden zu Zwecken der Propaganda": 1500 Mk., treten die Münchener Delegirten Dr. Fischer und Schöne lebhaft dafür ein, die Position minestens um 1000 Mark zu erhöhen und zwar hauptsächlich im Interesse der süddeutschen Gaue, welche gewaltig unter der Konkurenz der "Union" zu leiden haben. Und wenn auf dem bevorstehenden Kongresse der "Union" bechlossen werden sollte, Geldpreise bei den Rennen eizuführen, so würde die "Union" wahrscheinlich einen lebhaften Vorstoß in Süddeutschland machen. An die Friedensschalmeien, die von dort herüberklingen, glauben die Münchener Delegirten nicht. Ihr lebhafter Wunsch ist es, daß der Deutsche Radfahrerbund in Süddeutschland wieder eben so stark wird, wie in Norddeutschland. Delegirte des Königreichs Sachsen vertreten die Ansicht, da der Deutsche Radfahrerbund in Sachsen außer mit der "Union" noch besonders mit der schweren Konkurrenz des sächsischen Radfahrerbundes zu rechnen habe, aber trotzdem fühlten sie sich nicht veranlaßt, die Erhöhung der Position "Für Propaganda" zu beantragen. Der Vorsitzende hebt hervor, daß wenn die Erhöhung der Position beschlossen werden sollte, der Etatsvoranschlag nicht balanciren würde. Nach den jetzigen Erhöhungen und Abstrichen sei gerade wieder ein Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 87 000 Mk. herbeigeführt. Der Antrag München wird abgelehnt und der Etat in der eben bemerkten Höhe angenommen. Berliner Delegirte bringen jetzt folgenden Dringlichkeitsantrag ein: In Berücksichtigung, daß auf dem diesjährigen Bundestage nicht der dritte Theil der Geschäfte erledigt werde, einen außerordentlichen Bundestag für Mitte Januar n. J. nach dem Mittelpunkte des Bundesgebietes, etwa nach Halle oder Magdeburg, einzuberufen. Nach Begründung des Antrages wird derselbe von dem Delegirten Stein -Magdeburg lebhaft unterstützt. Der Bundestag müsse aber noch in diesem Jahre einberufen werden. Vom Vorstandstische wird der Antrag aus praktischen Gründen bekämpft. Der Bund sei nicht in der Lage, den Delegirten zum außerordentlichen Bundestage Diäten zu bewilligen, und wenn das nicht geschähe, werde die Beschickung sehr dürftig ausfallen. Von anderer Seite wird beantragt, anstatt der Reisen nach Hameln die Berathungen morgen fortzusetzen und jedem anwesenden Delegirten 5 Mk. Tagegelder extra bewilligen zu wollen. Der stellvertretende Vorsitzende Dr. Weber -München-Gladbach giebt anheim, an Stelle eines außerordentlichen Bundestages die engeren Ausschüsse im Winter zu einer außerordentlichen Sitzung zu berufen. Der Vorsitzende beantragt, die Verhandlung über diese Frage bis nach Erledigung der Wahlen zu vertagen. Der Antrag wird angenommen. Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Weber, übernimmt die Leitung und beantragt, Vorschläge für das Amt des ersten Vorsitzenden zu machen. Aus der Versammlung wird beantragt, den bisherigen Vorsitzenden durch Zuruf wiederzuwählen. Ohne sich um den Widerspruch desselben zu kümmern, erhebt sich die Versammlung wie ein Mann für seine Wiederwahl. Rechtsanwalt Vogel giebt daher den Widerspruch auf und erklärt sich unter stürmischem Beifall zur Annahme der Wiederwahl bereit. Durch Zuruf werden gleichfalls die Herren Dr. Weber -München-Gladbach und Pelates -Crefeld zum stellvertretenden Vorsitzenden resp. Bundeszahlmeister wieder gewählt. Für das neugeschaffene Amt eines Vorsitzenden des Sportausschusses (die bisherige Dreitheilung desselben ist beseitigt) wird der bisherige Beisitzende des Vorstandes, M. Windbichler -Frankfurt a.M., gewählt. Die Wahl der Beisitzer erfolgte durch Zettel, das Ergebniß wurde zum Schlusse der Verhandlungen nicht festgestellt. Die nunmehr folgende Berathung über den Antrag, zur Erledigung der Tagesordnung einen außerordentlichen Bundestag für Januar einzuberufen, endet mit der Ablehnung des Antrages. Beschlossen wurde hingegen, allerdings gegen lebhaften Protest eines Theiles der Minderheit, die Verhandlungen morgen fortzusetzen und auf den Ausflug nach Hameln zu verzichten. Als Vorort für den nächstjährigen ordentlichen Bundestag wurde Graz gewählt.
Fortsetzung der Rennen am Montag, 6. August.
Den Radfahrern ist Fortuna entschieden hold, denn besseres Wetter konnte man sich nicht wünschen. Wenn die Sonne auch heiß herniederbrannte, so war gegen den Durst in anerkennenswerther Weise noch besser gesorgt als am Sonntag, wo bei dem ungeahnten Andrang des Publikums Bier ein viel gesuchter und nachher sogar rarer Artikel war. Wiederum war der Sportplatz von Schaulustigen dicht besetzt, und war der Ansturm auch nicht so elementar als Tags zuvor, so schien doch wieder ausverkauft zu sein. Die einzelnen Wettfahren verliefen in schönster Weise folgendermaßen:
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiete des D. R.-B. Auf dem Dreirad über 1000 Meter.
Der Sieger erwirbt den Titel: "Dreirad-Meisterschaftsfahrer von Deutschland und dem Bundesgebiet des D.R.-B. über 1000 Meter für 1894/95" und erhält die große goldene Bundesmedaille, sowie eine Bundes-Ehrenurkunde. Vertheidiger: Willy Tischbein. 1. Otto Stumpf, Berlin in 1 Min. 47 2/5 Sek. 2. Aug. Underborg, Hamburg, in 1 Min. 47 3/5 Sek. Paul Brodtmann stürtzte.
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiete des D. R.-B. auf dem Hochrad über 1000 Meter.
Der Sieger erwirbt den Titel: "Hochrad-Meisterschaftsfahrer von Deutschland und dem Bundesgebiet des D.R.-B. über 1000 Meter für 1894/95" und erhält die große goldene Bundesmedaille, sowie eine künstlerisch ausgeführte Bundes-Ehrenurkunde. Vertheidiger: Herr B. Zierfuß vom R.-B. "Germania", Mittweida. 1. Paul Präsent, Hamburg, in 1 Min. 47 Sek., 2. A. v. Voigt, Hannov. Zweirad-Club, in 1 Min 47 2/5 Sek., 3. H. Ludolphi, Hamburg, in 1 Min. 47 3/5 Sek.
Meisterschaftsfahren von Deutschland und dem Bundesgebiete des D. R.-B. auf dem Niederrad über 1000 Meter.
Der Sieger erwirbt den Titel: "Niederrad-Meisterschaftsfahrer von Deutschland und dem Bundesgebiet des D.R.-B. über 1000 Meter für 1894/95" und erhält die große goldene Bundesmedaille, sowie eine künstlerisch ausgeführte Bundes-Ehrenurkunde.
Vertheidiger Herr Aug. Lehr vom Frkf. B.-K. 1. Aug. Lehr -Frankfurt in 17 Min. 52 3/5 Sek., 2. Hans Hofmann -München, 3. Carl Riedl -Wien mit je 1/5 Sek. Abstand. Rosenstengel führt 12 Runden, worauf Lehr die Führung übernahm.
Niederrad -Ermunterungsfahren über 1000 Meter. Entscheidungslauf
1. Harold Wilson -Cöln mit 1. Min. 59 1/5 Sek., 2. F. Albrecht -Berlin, 3. A. Hennings -Hamburg mit je 1/5 Sek. Abstand.
Vorläufe zum Niederradfahren mit Vorgabe.
Erster Lauf: 1. Rosenstengel in 3 Min. 2/5 Sek., 2. Niemann, 3. Schildberger. Zweiter Lauf: 1. Wilke in 2 Min. 59 2/5 Sek., 2. Underborg, 3. Strische.
Entscheidungslauf,
der nach den Rennen Nr.14 erfolgte. Strecke 2000 Meter. 1. Preis silberner Pokal, 2. Preis silberner Pokal, 3. Preis silberner Pokal. Sämmtliche Preise sind gestiftet von der Continental-Caoutchouc- und Guttapercha-Comp. und der Hannov. Gummikamm-Comp.-A.G. Hannover. 1. Rosenstengel in 3. Min. 10 4/5 Sek., Aug. Underborg in 3 Min. 11 1/5 Sek., 3. Wilke in 3 Min. 11 2/5 Sek. Rosenstengel fuhr glänzend und wurde vom Publikum mit großem Jubel empfangen.
Dreiradfahren mit Vorgabe. Strecke 2000 Mtr. Erster Preis: Ein Bier-Service mit silbernem Beschlag, gestiftet von der Städtischen Lagerbier-Brauerei, Hannover. Zweiter Preis: Eine Besteck-Garnitur, gestiftet von August Thon, Hannover. 1. Otto Stumpf -Berlin in 3. Min 27 1/5 Sek. 2. Aug. Underborg -Hamburg in 3 Min. 27 2/5 Sek. 3. A. Franke, R.-C., Hannover in 3 Min. 27 3/5 Sek.
Hochradfahren (Kaiserpreisfahren).
Srecke 4000 Mtr. Den Ersten Anrecht auf den Wanderpreis (Porzellanvase), gestiftet von Sr. Maj.dem Kaiser Wilhelm II. und eine goldene Medaille im Werthe von 100 Mark. Der Wanderpreis muß viermal hintereinander gewonnen werden. Gewinner 1891 Breslau und 1892 Köln: Herr Aug. Lehr vom Frankfurter B.-C - 1893 Leipzig: Herr O. Beyschlag vom Wiener B.-C. 2. Preis: 6 silb. Speise-Bestecks gestiftet von Karl Rißmann, Hannover. 3. Preis: 1.wnd. Pokal. Führungspreis: 1 Humpen, gestiftet vom Stahlrad-Verein "Hannover" von 1889. 1. Paul Präsent in 7 Min. 19 3/5 Sek. 2. Hans Ludolphi in 7 Min. 19 4/5 Sek. 3. Emil Schulz-Bochum in 7 Min. 20 1/5 Sek.
Doppelsitz-Zweiradfahren mit Vorgabe.
Strecke 2000 Meter. 1. v. Voigt mit Niemann (60 Meter Vorgabe) in 2 Min. 35 2/5 Sekunden. 2. Gebr. Underborg (50 Meter Vorgabe) in 2 Min. 35 3/5 Sek. 3. Seiler und Hennings (120 Meter Vorgabe) in 2 Min. 35 4/5 Sek. Das Rennen wurde, entgegen der Absicht, in einem Lauf erledigt, da eine Anzahl der gemeldeten Fahrer am Start nicht erschienen waren.
Resultate des Preisfestzuges.
in dem jedoch die Hannoverschen Klubs außer Konkurrenz fuhren: 1. Vereine mit überwiegend Hochrädern: Brandenburger R.-V. mit 13.26 Punkten, R.-V. Kassel mit 12.74 Punkten. 2. Vereine mit überwiegend Niederrädern: R.-V. "Colonia", Köln 13.82 Punkte, R.-V. "Borussia", Berlin 13.60 Punkte, B.-C. Darmstadt 13.40 Punkte, R.-V. Peine 13.40 Punkte. 3.Vereine mit weniger als 20 aktiven Mitgliedern: R.-V. Schöppenstedt 10.18 Punkte, R.-Cl. Soest 9.80 Punkte. - Wir hatten bei der Schilderung des Festzuges den Wagen des Zweirad-Club Hannover vergessen, der ganz besonders durch geschmackvolles Arrangement auffiel. Ferner ist nachzutragen, daß die Chinesengruppe, welche so viel Heiterkeit erregte, von Mitgliedern des "Radfahrer-Vereins Hannover" vom Jahre 1885" gestellt wurde.
Resultate des Kunst-, Duett- und Reigenfahrens.
Meisterschaftsfahren von Deutschland auf dem Hochrade: R. Schulz, Altona, 30 1/10, Winter 24 9/10, Sattler 15 Punkte. - Hochrad-Reigenfahren: Brandenburger R.-V. 16.40, R.-V. "Saxonia", Magdeburg, 15,42, Hannov. B.-Cl. 15.30 Punkte. - Niederrad-Reigenfahren: Brandenburger R.-V. 14.16, R.-Cl. Soest 13.26, R.-Cl. Oberhausen 12:30 Punkte. - Gruppenfahren (Duett): Gebr. Sparborth, Colditz, 12.50, Schulz und Pratje, Altona, 11.10, Daßler und Rabe 10.46 Punkte.
Das Festessen.
Ein bunter Menschenstrom floß am Montag Abend zum "Neuen Hannoverschen Festsaale", der in seiner ganzen Länge von 7 Tafelreihen durchzogen war. Herr Tötenberg eröffnete die Reihe der Tafelreden, die Hannoveraner zu einem kräftigen "All Heil !" auf das Wohl der Gäste auffordernd. Es herschte von Anfang an ein jugentlich froher, ungezwungener Ton bei Tische, eine lebendige Heiterkeit, kein Festessenzopf, wie sonst wohl. Die Fuhrmannsche Kapelle sorgte für flotte Radlermelodieen, und die Tischgenossen fielen brausend in die Refrains ein, ohne Kommando, und doch im Takte. Der Bundes-Vorsitzende, Rechtsanwalt Vogel, schilderte in seinem Toaste kurz das zehnjährige Leben des Bundes, dem der Radfahrersport sein Aufblühen verdanke, ebenso die Fahrradindustrie, die jetzt der älteren englischen scharf Konkurrenz mache. Der 11. Bundestag sei auch wieder ein Sieg des Herrenfahrerthums gewesen, des schönsten Zweiges des Sports. Viele "Bravo !" unterbrachen den Toast, und in das All Heil auf den Kaiser als Sportsfreund wurde eingestimmt, daß der weite Saal wiederhallte.
An den Kaiser wurde folgende Ergebenheitsadresse gesandt.
" Die anläßlich des 11. Bundesfestes beim Festmahle versammelten Festtheilnehmer senden Ew. kaiserlichen Majestät ehrfurchtsvollsten Gruß mit dem Gelöbniß unwandelbarer Treue, Liebe und Verehrung und dem heißen Wunsche, Gott schütze Ew. kaiserliche Majestät zum Heile des gesammten Vaterlandes."
Dann ging der Vorhang hoch und zeigte die ausgestellten wundervollen Preise, die sich besonders der Bewunderung der Damen erfreuten. Ein Redner theilte in seinem Toaste mit, daß der nächste Verbandstag in Graz stattfinden werde. Sein All Heil galt den Kaiser von Oesterreich. Herr Holtbuer dankte mit All Heil den Staats- und Stadtbehörden, und nach dem Liede "Ein Deutschland" stand Bankdirektor Bürgervorsteher Basse auf und entschuldigte die Abwesenheit der Staatsbehörden mit der Zeit der Sommerferien. Von allen städtischen Beamten sei nur er selber Radfahrer. Aber die Stadt hätte ja bewiesen, wieviel sie von dem Radfahrsport hielte und welche Freude es ihr sei, "D.R.B." in ihren Mauern zu sehen. Dem Bunde weihte er sein Glas. Telegramme kamen an aus Hamburg, vom Brocken, von Dresden, München, Karlsruhe, Coblenz, Cleve und Dortmund. Großes Vergnügen erregte folgende Depesche: " Unsre Härens hebben mi nix geschriewen, obgliek se wüssen, dat ek niegierig was un op heite Kuolen sat! Ek wor deshalb terst gistern Owend dat Resultat gewahr. Oewer de Asstemmung hew´ ek mi so arge freut, dat ek dreimal achter de Riege raupen hewwe: "Hurrah, wi het gewunnen!" un mi noch en paar Ganze gunte, trotzdem de Olle schante. Ru dau ek de Arweit noch ´n mal so gierne un et hat mi auf ev en Stünneken nit ankomen: wör dat Dingen ower op ne annere Kar´laden woren, dann härre ek strikket.
Met´n hartlichen Gruß bliewe ek jugge
Stallmann, Dörpen, W. 6.8.94.
Untergroßem Jubel der Versammlung geschah dann die Vertheilung der Preise, von denen Rosenstengel und v. Voigt sich hervorragende errungen hatten. Der Vorsitzende dankt den Stiftern der Preise, lobte die unerwartet große Betheiligung und ließ die Preisstifter hochleben. Den Toast auf die Damen brachte Herr Sprickmann-Kerkering. Lange bis nach 1 Uhr währte der Kommers, sodaß der Berichterstatter mit Rücksicht auf die Fahrt nach Hameln den Schluß nicht abwartete.
Fortsetzung der Hauptverhandlung.
Am Dienstag wurde im Königssaal von Röpkes Tivoli die Berathung der eingegangenen Anträge fortgesetzt. Gegenüber den Vorschlägen des Sport-Ausschusses zur Regelung der Amateurfrage hatte der Bicycle-Club in Frankfurt a.M. der Bundesversammlung folgende Leitsätze zur Annahme empfohlen: 1. Das Amateur-Prinzip, wie es in den Bundessatzungen und in den Wettfahrbestimmungen des D.R.-B. festgelegt ist, möge aufrecht erhalten werden. 2. Die Einführung eines Lizenzsystems oder einer Klasseneintheilung ist zu verwerfen. Beide Artikel wurden angenommen, dagegen Art. 3,4 und 5 abgeleht, welche die Ausgabe von Gutscheinen als Rennpreise befürworten. Der Art. 6 wurde in nachstehender modifizirter Fassung angenommen: Die Vertreter des D.R.-B. bei der Konferenz der internationalen Radfahrervereinigung zu Antwerpen möge beauftragt werden, im Sinne der hier gefaßten Beschlüsse zu wirken und namentlich ihr Möglichstes zu thun, eine einheitliche Regelung des Amateurismus innerhalb des internationalen Verbandes herbeizuführen. Herr Müller stellte die Interpellation, ob denn der D.R.-B. Mitglied des internationalen Verbandes sei, da auf keiner seitherigen Abgeordnetenversammlung ein diesbezüglicher Antrag gestellt sei. Der Vorsitzende Herr Weber, machte die Mittheilung, daß bereits seit 3 Jahren die Beiträge zuminternationalen Verbande bezahlt seien und daß der D.R.-B. durch Vorstandsbeschluß demselben beigetreten sei. Er bat nachträgliche Gutheißung durch die Delegirten, die auch ertheilt wurde. Hierauf wurde der Antrag gestellt, drei Vertreter nach Antwerpen zu senden. Hierzu wurden die Herren Weber, Vogel und Windbichler vorgeschlagen und durch Beschluß der Versammlung erwählt. Die Diäten sollten nicht in den üblichen 15 Mark bestehen, sondern über das Verbrauchte Rechnung gestellt werden, damit der Bund würdig repräsentirt sei. Betreffs der Preisvertheilung erhoben sich Anschuldigungen, R. habe die Preise eigenmächtig und ungerecht vertheilt. Der Angeschuldigte war nicht anwesend, sondern in Hameln. Nach heftiger Debatte wurde der Antrag angenommen: "Der Bundesvorstand solle ermächtigt werden, die nöthigen Schritte zu thun, um wieder in den Besitz der zu Unrecht ausgehändigten Preise zu kommen." - Sodann kam § 3 des Antrages Bethge und Genossen zur Verhandlung: "Fabrikanten, Händler und deren Angestellte können beim Wettfahren nicht als Herrenfahrer starten; dasselbe gilt von Wettfahrern, die von Fabrikanten, Händlern und deren Angestellten einen Nutzen oder eine Unterstützung in irgend einer Form annehmen." Da jedoch die Mehrzahl der Versammlung der Ansicht war, daß die Fabrikanten, Händler und deren Angehörige den Amateurfahrern gleich gestellt werden müßten, wurde der Antrag abgelehnt.
Für Radfahrer.
Man schreibt: Der Papst hat den Geistlichen gestattet, sich in der Ausübung geistlicher Fuktionen des Fahrrades zu bedienen. In dem betr. Rundschreiben ist die Angabe enthalten, daß der eigentliche Erfinder des Fahrrades der Abbe Pranton sei, (? falsch) welcher sich schon 1845 eines Fahrades in Ausübung seines Berufs bediente.



 

Hannoverscher Anzeiger 08.08.1894, Seite 1 und 2

 

XI. Bundesfest des Deutschen Radfahrerbundes.
Verhandlungen der Delegirtenversammlung.

(Schluß.)
Der in der Vormittagssitzung gefaßte Beschluß, daß Ehrenpreise nur in Münzen (Medaillen), Ehrenurkunden und Kränzen bestehen sollen, wurde im Laufe der weiteren Verhandlungen durch die Annahme eines Dringlichkeits-Antrages des Bundesfahrerwartes Mahner durchbrochen. Der Antrag besagte, daß als Ehrenpreise auch Werthgegenstände "mit Widmung" verausgabt werden dürfen. Hinzugesetzt wurde, daß die Preise einen Werth haben dürfen bis 150 Mark. Im Gegensatze zu den vorhergehenden Tagen wurden die noch rückständigen Gegenstände der Tagesordnung im Fluge erledigt. Größtentheils handelt es sich um Fragen, welche für die Allgemeiheit kein Interesse haben. Die Anregung, an zuständiger Stelle versuchen zu wollen, die Rechte einer juristischen Person für den Bund zu erhalten, beanwortet der Vorsitzende dahin, daß im Allgemeinen diese Rechte nur an Vereine, welche Grundbesitz haben, verliehen werden. Auch wurde von anderer Seite betont, daß dieses Recht schon deshalb dem Radfahrerbunde nicht verliehen werden könne, weil derselbe viele minorenne Personen unter seinen Mitgliedern habe. Die Wahl einer sog. Rechtsschutzkommission, welche die Bundesmitglieder gegen polizeiliche Uebergriffe auf den Landstraßen u.s.w. schützen soll, war eine Konsequenz des schon im Vorjahre gefaßten Beschlusses. Die Nothwendigkeit der Existenz einer solchen Kommission, welche zunächst dahin zu wirken hat, daß generelle polizeiliche Bestimmungen für Radfahrer erlassen werden, wurde durch eingehende Darlegung der Verhältnisse nachgewiesen. Gegen 4 Uhr Nachmittags wurden die Verhandlungen des Delegirtentages geschlossen.
Extrafahrt nach Hameln.
Obwohl der Himmel ein trübes Gesicht machte, fanden sich auf dem Bahnhofe sämmtliche Theilnehmer, die sich zu dieser Fahrt gemeldet hatten, etwa 1250 an der Zahl, auf dem Bahnhofe ein, wo ein Sonderzug mit 28 Wagen und zwei bekränzten Lokomotiven bereit stand. Zurückgeblieben war nur eine Anzahl der Delegirten, die die noch nicht erledigten Anträge beriethen. Aber auch diese kamen mit einem späteren Zuge nach. Pünktlich 9 Uhr 10 Min. dampfte der Zug unter brausenden All-Heil-Rufen, die gewissermaßen zum Abschiede den Hannoveranern gebracht wurden, ab, überall unterwegs vom Publikum jubelnd begrüßt. In Hameln wurde der Zug mit Fanfaren empfangen und die Festtheilnehmer durch den dortigen Radfahrer-Klub, dessen Vorsitzender Ingenieur Meier ist, durch eine Ansprache begrüßt. Der lange Zug der Festtheilnehmer marschirt: alsdann in Rheien zu 4 durch die Stadt, unter Führung eines die Flöte blasenden Rattenfängers. Vier mächtige Dampfer nahmen später die Gesellschaft zur Fahrt nach dem Ohrberge, woselbst ein umfangreiches Frühstück eingenommen wurde, auf. Dann fand eine Fußtour nach dem Klüt und eine Besichtigung der schönen Anlagen statt, soweit sich das die Versammelten ein Festmahl in die größeren Restaurants, deren sechs vom Festkomitee zu diesem Zwecke verständigt waren, wo es hoch herging, so daß die Zeit bei Liedern und Reden schnell verstrich. Die Hauptfeier war auf Dreyers Berggarten, woselbst auch der Bundesvorstand und zahlreiche Delegirte zu sehen waren. Ein Feuerwerk, soweit dasselbe bei der Nässe abgebrant werden konnte, beschloß das schöne Fest, das jedem Theilnehmer des XI. Bundestages noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Während manche der Radfahrer zur Rückfahrt den Zug um 1/2 10 Uhr benutzten, fuhren die meisten mit dem Sonderzuge um 11 Uhr aus Hameln ab. Im Cafe Kröpcke war bis in die frühe Morgenstunde noch ein reges Leben, woselbst der XI. Bundestag des Deutschen Radfahrer-Bundes bei einem Schälchen Mokka programmmäßig geschlossen wurde. Veranstalter dieser Extrafahrt nach Hameln waren die Hannoversche Gummi-Kamm-Kompagnie, A.-G., und die Continental-Caoutchouc- und Guttapercha-Kompagnie, Hannover, die wie wir hörten, auch sämtliche Kosten tragen.

Die Tage der Feste sind jetzt verrauscht und die aus allen Gauen Deutschlands herbeigeströmten Theilnehmern wieder nach allen Himmelsgegenden zerstoben. Daß der Besuch des Bundestages ein so über alle Erwartung großer war -es wurden allein ca. 4000 Festbücher verkauft, gegen annähernt 2000 beim letzten Bundesfeste - beweist am besten das wachsende Interesse für den Deutschen Radfahrerbund, selbst wenn man dabei die überaus günstige Lage Hannovers als Festort berücksichtigt. Für die durchaus gelungenen Veranstaltungen gebührt besonders dem lokalen Festausschuß, welcher seit Monaten eine angestrengte Thätigkeit entwickelt hat, volle Anerkennung. Kleine Störungen kommen überall vor und sind auch dieses Mal nicht ausgeblieben, aber Niemand wird sich dadurch die Erinnerung an die so schön verlebten Tage trüben lassen. Wir denken hierbei besonders an die Verhandlungen der Delegirten. Wenn hier auch in jugentlichem Ungestüm die Geisteroft arg aufeinanderplatzten, so glätteten sich doch bald wieder die hochgehenden Wogen der Meinungsverschiedenheiten; auch das, was jetzt noch die Gemüther beunruhigt: die nicht zu Aller Zufriedenheit ausgefallene Preisvertheilung wird seine friedliche Lösung finden. Mit diesem Wunsche bringen wir den scheidenden Radfahrern, dem Deutschen Radfaherbunde und dem Körper und Geist erfrischenden Radfahrsport ein kräftiges
"All Heil!"

Hannoverscher Anzeiger 09.08.1894, Seite 2



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Quelle: Hannoverscher Anzeiger vom 04.08.1894 bis 09.08.1894